Ich liebe diese Jahreszeit! Eigentlich total paradox, denn zu keiner anderen Jahreszeit schlägt mir das Wetter so stark auf die Gelenke. Trotzdem: der erste Schnee, der unter den Stiefeln knirscht, die funkelnden Lichter, die überall auf den Straßen leuchten und der Geruch von Glühwein und gebrannten Mandeln überall in der Innenstadt und Weihnachten. Märchenhaft, oder?
Last Christmas… und dann nicht mehr
Kennt ihr diesen romantischen, verklärten Blick auf eine Situation von der ihr wisst, dass das so in Realität nie Ablaufen würde?
Ich meine diese Vorstellung, die aus zahlreichen Werbeanzeigen und Filmen resultiert, wie zum Beispiel ein zauberhaftes Familien-Weihnachtsfest feiern zu können, ohne das sich der eine mit dem anderen streitet, der Onkel oder sonst wer zu tief im Glühwein versinkt und am Ende der Hund den Braten frisst, während die Bratensauce langsam vom Tischrand auf den Boden tropft.
Jedenfalls hatten wir einige Jahre das Glück, ein gelungenes Weihnachtsfest für unsere Familien ausrichten zu können, bis es eskalierte. Was genau passierte, will ich nicht vertiefen, jedoch waren drei Sachen mehr oder weniger ausschlaggebend dafür, dass wir nach der eskalierten Feier nicht nochmal mit der Familie feiern konnten und wollten.
Noch bevor die besagte Feier eskalierte, verabschiedete sich meine Schwester bereits im Jahr zuvor, um mit meinem mittlerweile Schwager und seiner Familie ab da an regelmäßig Weihnachten zu feiern.
Im Jahr nach der verkorksten Feier lag mein Schwiegervater über Weihnachten im Sterben und im darauffolgenden Jahr entdeckte meine Schwiegermutter die Vorzüge der Arbeit in der Gastronomie an Weihnachten für sich.
Kurz um: seit Jahren wird jedes Weihnachten für uns zur jährlichen Zitterpartie, ob wir nicht am Ende nur zu zweit unter dem Weihnachtsbaum sitzen werden.
Und so romantisch sich das für den ein oder anderen auch anhören mag, „zu zweit mit dem Liebsten Weihnachten zu verbringen“, macht sich für mich bei dem Gedanken nur das Gefühl breit „an Weihnachten von Gott und der Welt verlassen zu sein.“
Aber besonders schlimm wurde es letztes Jahr.
It’s beginning to look a lot like… was auch immer
„BeaBu, ich wollte dir nur erzählen, dass meine Schwiegereltern dieses Jahr unsere Großeltern mit zum Weihnachtsessen einladen.“ Entsetzt schau ich auf mein Telefon.
Wäre meine Schwester nicht im hundertsten Monat wieder schwanger würde ich ihr glatt den Hals umdrehen. Ok, ganz ruhig und nicht den Boten umbringen. Was kann sie schon dafür?
Nach der Hochzeit meiner Schwester wurden meine Eltern von ihren Gegenschwiegereltern annektiert, zumindest was Weihnachten angeht und jetzt also auch noch meine geliebten Großeltern. Zugegeben, sie waren seit zwei Jahren unsere Weihnachts-Lösung gewesen.
Und jetzt? Der Rest meiner Familie macht sich nichts aus Weihnachten! Gut, dass erst November ist, so bleibt zumindest noch Zeit, umzudisponieren.
Einige Tage später komme ich im Telefongespräch mit der Cousine meines Mannes auf das Thema zu sprechen und wir verabreden uns, dass wir Weihnachten mit ihr und ihren Eltern feiern. Gerettet! Aber dann…
Am ersten Advent meldet sie sich wieder: „Oh nein, es tut mir sooo leid BeaBu, aber ihr könnt Weihnachten leider doch nicht mit uns feiern! Wir sind spontan von meiner Großmutter väterlicherseits eingeladen worden. Da können wir nicht absagen! Dabei hab ich mich soo gefreut, dieses Jahr Weihnachten mit euch zu verbringen!“
Sie klang so traurig und ernsthaft enttäuscht, dass ich im Nachhinein erst mitbekam, dass sich einfach meine eigene Enttäuschung darin spiegelte.
Währenddessen mutierte mein Göttergatte zum Grinch: „Ist doch alles sch@&€?e! Ich hab kein Bock mehr auf Weihnachten! Ich will kein verf@&€ten Baum, keine Deko und auf das Essen kann ich auch pfeifen!“
Schauen wir mal wie ernst es wirklich ist: „Schaaatz wie wär es zumindest mit einem kleinen Baum?“
„NEIN! Weihnachten ist gestorben!“
Oh Oh…
I don’t want a lot for Christmas, there is just ONE thing I need… Oder zwei? Oder drei? Oder vielleicht ALLES?
„Kostenlose echte Tannenbäume an Selbstabholer innerhalb der nächsten 2 std abzugeben!“ Ich trau meinen Augen nicht während ich auf den Facebook-Poste blicke, aber da steht es und grinst mich förmlich an. Ich schau auf die Uhr. Könnte knapp werden und da wäre ja auch noch mein persönlicher Grinch zu überzeugen. „Ähmmmm, Schatz, du hast doch gesagt, du willst dieses Jahr nichts mit Weihnachten mehr zutun haben und vor allem keinen dämlichen überteuerten Baum. Gilt das immer noch, wenn der Baum umsonst ist?“, frage ich zuckersüß und mit einem riesigen strahlenden Lächeln.
„Kostenlos ist er ja nicht mehr überteuert, BeaBu!“, antwortet mein nicht mehr allzu grüner Grinch mit einem Zwinkern, schnappt sich die Autoschlüssel und kommt tatsächlich mit einer prächtig gewachsenen 3,50 Meter hohen Tanne zurück.
„Die hatten nur noch große da.“, und stellt den monströsen Baum mitten im Wohnzimmer auf, wo er sich perfekt in unsere Altbaudecke einfügt.
„WoW! BeaBu is this a real one?“ Unsere Mitbewohner aus Ecuador kommen aus dem Staunen nicht mehr raus. „So what are you up for Christmas? Cause our plans got canceled! Maybe we could celebrate together?“ Jackpot!
Vorsichtig schaue ich zu meinem nicht mehr allzu grünem Grinch und stelle begeistert fest, meinen Göttergatten zu erblicken. Dennoch behutsam frage ich ihn: „Ähmmmm, Schatz, dann können wir doch vielleicht noch meine Beste und ihren Freund einladen und feiern statt mit Familie im kleinen Freundeskreis?“
Er lacht auf und antwortet: „Klar, meinetwegen! Meintest du nicht auch, V. ist wieder zurück in der Stadt?“ – „Aber die feiert doch mit ihrer Mutter!“ – „Ok, dann geben wir ihr einfach eine Weihnachtspastete mit. Sie kommt sowieso an uns vorbei, wenn sie zu ihrer Mutter fährt, dann kann sie kurz rumkommen und die Pastete holen.“
Ich strahle wie tausend Glühbirnen gleichzeitig. Es wird sogar selbstgemachte Weihnachtspastete geben, juhuuuuu!
Have yourself a merry little Christmas… oder vielleicht doch ein großes?
Mitte Dezember ruft mich meine Freundin Frenchie ganz aufgelöst an: „Ich hasse es, ich hab mich total mit meiner Familie zerstritten! Es ist doch Weihnachten und ich will so garnicht mit denen feiern, aber ich will aber auch nicht allein an Weihnachten rumsitzen. Was mach ich denn jetzt bloß, BeaBu?“ Prompt lud ich sie zu unserem Freunde-Weihnachtsfest ein.
Zeitgleich erzählte ein guter Kumpel meinem Mann, dass er und seine Freundin nicht wissen, was sie Weihnachten machen sollen, da sowohl seine als auch ihre Familie sich im Ausland befindet. „Das wird wirklich ein trauriges Weihnachtsfest!“ schloss er seine Erzählung.
„Aber bestimmt nicht dieses Jahr. Dieses Jahr feiert ihr mit uns!“
Und als Bonbon oben drauf verkündete meine Schwiegermutter, dass sie bereits um 17.00 Uhr Feierabend haben wird und gerne auch mit uns mitfeiern wird.
Herrlich, wenn sich alles so fügt.
Oh Holy Night, the stars are brightly shining… Endlich!
Da wir mittlerweile so viele waren, beschlossen wir gemeinsam, dass jeder was zum Weihnachtsessen zusteuert. Den Baum und die Wohnung dekorierte ich gemeinsam mit meiner Mitbewohnerin, während unsere Männer die Küche übernahmen und Weihnachtspastete machten, den Rotkohl ansetzten und den Braten spickten.
Am Heiligabend war alles perfekt: Es duftete in der ganzen Wohnung nach Braten und Plätzchen, die Tafel war festlich geschmückt und der Tannenbaum leuchtete. Die Stimmung war den ganzen Abend fantastisch und wir feierten bis spät in die Nacht. Noch Tage später kamen Danksagungen und Komplimente und alle waren sich einig: Schon lange hatte man nicht mehr ein so besinnliches und lustiges Weihnachtsfest gehabt!
Es gibt sie also doch: die Weihnachtswunder!
À bientôt
Eure BeaBu
P.S.: Hier noch zwei Lieblingsweihnachtslieder von mir. Frohe Weihnachten euch allen und ein rauschendes Fest.
Hach, schön <3 die Pastete lieben wir! Ich hab immer noch Eure Schüssel 😀 komme hoffentlich bald mit T.chen und bringe sie vorbei! Küsschen von V.