„BeaBu, du solltest ganz EINFACH auf Zucker, Salz und Fett verzichten!“ Danke für den Tipp! Ich verdrehe innerlich die Augen und denke mir: „Ich könnte mir auch EINFACH in den Kopf schießen!“ Das wäre für mich genauso realistisch umzusetzen wie dieser beknackte Ratschlag!
Ehrlich jetzt, ich kann es nicht mehr hören! Ich hab in meinem Leben schon mehr Gewicht verloren (und wieder zugenommen) als manch anderer wiegt! Wirklich! Ich hab von Size Zero bis XXL alles durch. Leider bin ich aber zur Zeit auf dem Plus-Size-Gewicht hängen geblieben und ganz so passt mir das natürlich auch nicht.
Das Allerschlimmste aber daran ist, dass, solange ich mich zurück erinnere, ich als schlanker Mensch immer Angst davor, hatte zu dick zu sein. Tja, jetzt wo ich tatsächlich zu dick bin, da hab ich eine Sorge weniger in meinem Leben.
Zumindest theoretisch.
Das Land, wo Milch und Honig fließt! Ausschließlich Honig! Im Übermaß!
„Guten Morgen, BeaBu!“ Noch bevor ich die Augen richtig geöffnet habe, spüre ich plötzlich diesen harten, kalten, überquellenden Löffel voll pappig süßen Honigs in meinem Mund. Gerade will ich protestieren, was der Sch@&€ eigentlich soll, da nutzt meine Mutter die Gelegenheit und stopft mir den nächsten Löffel in den Rachen. Ich fass es nicht! Den Mund jetzt voll mit zwei Löffeln Honig beginne ich nur noch den Kopf hin und her zu schütteln, als sie bereits den dritten übervollen Löffel auf meinen Mund zusteuert. Tränen der Wut steigen mir in die Augen. Ist das wirklich ihr verdammter Ernst? Ich bin dreizehn und nicht drei! Und ja, ich wiege nur noch 42 kg, aber das auch schon seit Wochen.
Seit meine erste Symphonie des Grauens vorbei ist, habe ich rapide abgenommen. Schon klar! Aber mein Gewicht ist stehen geblieben und das nicht, weil man mich mit Honig am Morgen vergewaltigt hat.
Jedenfalls ist dieser klebrige Mist jetzt überall. Auf mir, auf dem Kissen und auf dem Boden! Eine Woche lang quälte meine Mutter mich jeden Morgen mit drei Löffeln Honig, bis die Waage keinerlei Veränderung anzeigte. Stabile 42 kg, egal was wir versuchten, es wurde nicht mehr…
Willkommen im Schlaraffenland
Bis zu meinem zehnten Lebensjahr war ich ein ziemlich großes, schlankes und sportliches Kind. Ich machte Jazzdance, Ballett und schwamm wie ein Fisch im Wasser. Mit zehn Jahren setzte meine pubertäre Hormon-Umstellung ein. Ich bekam meine erste Periode und begann stark an Gewicht zuzunehmen. Mit zwölf Jahren brachte ich somit ein Kampfgewicht von 70 kg bei einer Körpergröße von 1.72 m auf die Waage und bei meiner noch sehr kindlichen Figur sah ich eher nach „quadratisch, praktisch, gut!“ aus. Dies veranlasste sowohl meine Eltern als auch meine Großmutter, mir ständig alles, was ich aß vorzuwerfen. Als ich dann wegen Rheuma innerhalb eines halben Jahres knapp 30 kg abnahm, wendete sich das Blatt wieder.
Ich durfte essen, was ich wollte.
Nachdem meine Mutter ihre morgendlichen Honigattacken aufgab, versuchten wir stattdessen, mich mit allem zu „mästen“, worauf ich Lust hatte.
Und worauf hat ein Teenager am meisten Lust? Genau, ich stopfte mich voll mit Junkfood!
Ich aß alles, worauf ich Bock hatte. Schokolade zum Frühstück? Kein Problem! McDonald’s um Mitternacht? Ging auch! Dreimal am Tag Schnitzel? Aber sowas von! Ich nahm dennoch nicht zu. Ich nahm solange nicht zu, bis sie meinen rheumatischen Prozess in den Griff bekamen.
Da hatte ich mich bereits fast 2 Jahre lang durchgeschlemmt.
Das Schlaraffenland hat ein Ende
Anders als ich in sechs Monaten rapide mein Gewicht verloren habe, stieg es langsam, aber stetig an. Als ich mit 17 Jahren wieder neu Laufen lernte, brachte ich 55 kg auf die Waage und trug Kleidergröße S, statt wie zuvor in XS auszusehen, als hätte ich einen unförmigen Sack an. Ich erfreute mich an meinen neuen Kurven und angelte mir prompt meinen ersten Freund.
Ich war gute drei Monate mit ihm zusammen, als er plötzlich meinte, ich würde ja ganz schön auseinander gehen und ich sollte langsam auf mein Gewicht achten. Ich hab ihn in den Wind geschossen.
Ok, ganz unrecht hatte er nicht, schließlich war ich da schon bei 60 kg angelangt und hatte Größe M, aber ich für meinen Teil fühlte mich pudelwohl. M war genau mein Ding!
Das Problem war nur, dass, genau wie ich zuvor meinen Gewichtsverlust nicht kontrollieren konnte, ich meine Gewichtszunahme nicht kontrollierte.
Das vollstopfen mit Junkfood ließ ich schon bei 55 kg sein und dennoch stieg es weiter an.
Bei 65 kg zog ich die Reißleine und machte meine erste Diät. Ich nahm in einer Woche 5 Kilo ab und brauchte ca. drei bis sechs Monate, bis ich es wieder drauf hatte.
Und eh ich mich versah, hangelte ich mich plötzlich von Diät zu Diät.
So ging es bis zu meinem 22. Lebensjahr.
Das Gewicht steigt und steigt und steigt …
69 kg! Ich schaue auf die Waage und seufze schwer. Ok, ich wusste, dass das passieren kann, aber dass es so hartnäckig passiert? Damit habe ich nicht gerechnet! Dabei habe ich extra gewartet, bis mein Gewicht runter auf 59 kg ist, bevor ich aufgehört habe zu rauchen. Allen Diäten zum Trotz, jetzt bin ich bei 69 kg angekommen.
Das ist es mir wert! Das ist es mir wert! Das ist es mir wert! Mir läuft ein schaudern über den Rücken. Hilft nichts, ich kann es mir nicht schön reden. „Wenigstens bin ich jetzt rauchfrei!“ Gut, tief durchatmen!
Im Internet steht, dass es bis zu einem halben Jahr dauern kann, bis sich der Stoffwechsel wieder normalisiert, und ich bin gerade bei vier Monaten.
Das Problem war nur, ich habe nie rausgefunden, ob die These über den „rauchfreien“ Stoffwechsel stimmt, denn ich habe einen Rheumaschub im selben Monat bekommen und wurde auf Cortison gesetzt. Dazu gesagt, eine unverschämt hohe Dosis Cortison, und schwuppdiwupp war mein Gewicht drei Monate später bei 85 kg.
Und ja, ich war in der Zwischenzeit mit meinem Mann zusammengekommen, und vielleicht war ich nicht mehr zu 100% hinter meinem Traumgewicht her, aber dennoch: insgesamt 20 kg Gewichtszunahme wegen Rauchentzug + Cortison schlagen eindeutig 5 kg Beziehungsbäuchlein.
Jedenfalls nach meiner Rechnung!
Was ich nicht alles an Diäten ausprobierte, ich kam 5 Jahre lang nicht unter 82 kg!
Der endgültige Tod meiner Figur
„BeaBu, da du nächstes Jahr heiratest, haben Papa und ich beschlossen, dir eine Stoffwechsel-Diät zu finanzieren! Keine Widerrede! Du willst doch bestimmt nicht in Größe XXXXXL heiraten!“ Stoffwechsel-Diät, noch nie was davon gehört.
Neugierig ging ich mit zur Naturheilpraktikerin und ließ mich aufklären: ein spezieller Ernährungsplan + drei mal die Woche Stoffwechsel-Booster-Spritzen + drei mal die Woche Wiegen = starke Gewichtsreduktion + starke Geldreduktion.
Wahnsinn, aber schließlich soll ja nicht ich sie bezahlen.
Ich zuckte die Achseln: „Meinetwegen! Hauptsache es hilft!“
Und es hat geholfen! Neun Monate später heiratete ich mit 69 kg und fühlte mich fantastisch.
Hochmotiviert schaute ich in Richtung meiner geliebten 62 kg. Sie schienen schon zum Greifen nah.
Aber dann…
Ich war in der Stabilisierungsphase, in der nach und nach die Spritzen abgesetzt werden sollten, und ich bekam den Boomerang meines Lebens ins Gesicht! So einen Jojo-Effekt hatte ich noch nie! Ich hatte früher bei meinen Diäten oft davon gelesen, aber ich war bis jetzt immer davon verschont geblieben.
Sobald ich die letzte Stoffwechsel-Spritze verabreicht bekommen hatte, dauerte es kein halbes Jahr, und ich schoss weit über die anfänglichen 85 kg hinaus.
Ich schoss soweit darüber hinaus, ich dachte es katapultiert mich direkt ins All!
Hilflos sah ich zu, wie das Gewicht immer weiter stieg und stieg.
Bei 105 kg blieb die Waage stehen, und komme was wolle, ich kam nie wieder unter 100 kg.
Ist der Ruf erst ruiniert …
Heute bin ich rund und semi-glücklich.
Hätte ich gerne wieder eine Kleidergröße 36-38 statt 44-46? Na klar! Und mal abgesehen von Attraktivität und Selbstwertgefühl ist es natürlich eine enorme Mehrbelastung für meine hart erkämpften künstlichen Kniegelenke.
Jedoch, im Vergleich zu früher kommt mir keine beknackte Diät mehr ins Haus, zu groß ist die Gefahr, dass sich der nächste Jojo-Effekt daraus entwickelt und mein Gewicht sich am Ende nochmal verdoppelt.
Ich hab jetzt eine neue Strategie für mich entdeckt: Ich versuche, ein neues Körpergefühl zu entwickeln und mich endlich so zu lieben wie ich bin. Egal in welcher Kleidergröße.
Und hey, allein schon dadurch hab ich bereits wieder 5 kg weniger auf der Waage.
À bientôt
Eure BeaBu
P.S.: Das geheimnisvolle Projekt ist immernoch in Arbeit, aber ihr werdet es als erste erfahren, wenn es soweit ist.